ICH | BARBARA BOLLERHOFF
Ich sehe mich als Schaffende und spreche lieber über das, was ich tue, als über mich selbst. Viele Ausstellungen, jahrelange Theater Engagements als Bühnenbildnerin, sowie meine Arbeit in einem Autorenduo und als Verlegerin, bestimmen meine kreative Arbeit. Meine Malerei beschäftigt sich mit Beziehungen – Beziehungen zwischen Individuen und oder dem Individuum und der Gesellschaft. Geprägt vom Leben, dem Leben auf dem Land, als Wirtshaus-und Jägerstochter, dem Leben mit vielen Kindern, dem Leben in der Stadt… thematisiere ich die eigene Herkunft, das Miteinander, das Aufgehobensein oder die Fremdheit in der Gemeinschaft.
von Ellen Bencker
Der schmale Teerweg führt aus dem dicht besiedelten Wohngebiet ins Grüne. Auf einem frei liegenden Grundstück vor Feldern und Wiesen steht ein pflaumengraues Haus. Es strahlt etwas Besonderes aus, macht neugierig. Im Garten, zwischen Pflaumenbäumen, steht ein alter Leiterwagen Kopf. Wir befinden uns an Barbara Bollerhoffs Atelierhaus in der Suidgerstraße 3a in Bamberg.
Das einst hinter dichtem Busch- und Baumwerk verborgene Haus war jahrelang im Dornröschenschlaf gelegen. Zufällig, beim abendlichen Einsammeln ihrer Kinder, hatte die Künstlerin das Haus entdeckt. Sie konnte es kostengünstig erwerben. Unter ihrer Regie und mit einer Schar von Helfern ist es mit wenig Kapital und viel Eigeninitiative Stück für Stück zu einem einzigartigen Haus mit Blick ins offene Land geworden. Es ist ein sogenanntes Schnäppchenhaus, das der Fernsehsender RTL 2 mit in die gleichnamige Serie aufgenommen und den Baufortschritt mit einem Fernsehteam begleitet hat.
An heißen Sommertagen traf man die Künstlerin oft an der Baustelle vorm drehenden Betonmischer, ihr durchtrainierter Körper ohne den geringsten Bauchansatz steckt in kurzen Hosen und knappem T-Shirt. Barbaras schmales Gesicht ist gebräunt und von der körperlichen Anstrengung leicht gerötet, kein Tropfen Schweiß perlt von ihrer Stirn. Sie schaut mit leuchtend grünbraunen Augen auf, fährt sich durchs kurze dunkle Haar, legt die Schaufel beiseite und begleitet den Besucher zum Haus. Die Platten, die zum Atelier führen, hat sie selbst verlegt.
Die Innenräume sind hell und freundlich gestaltet. Sie tragen die Handschrift der Künstlerin, die unterschiedliche Materialien, Farben und Formen, Altes und Modernes zu einem neuen Ganzen zusammenführt. Ein alter Holzrechen fungiert als Handtuchhalter im Bad, in der kleinen Küche wurde eine von Barbaras Mann nach ihren Wünschen geschweißte Anrichte aus Stahl eingebaut, die Europalette auf Rollen dient im Wohnraum als fahrbarer Couchtisch.
In Barbara Bollerhoffs bewohnbarem Atelier erhält Altes und Gebrauchtes eine neue Funktion und darf doch bleiben, was es ist. Das Ergebnis verblüfft, erheitert, lässt staunen und auch schmunzeln. Hier fließt zusammen, was nach langen Jahren des Entdeckens, Formens und Gestaltens nun in eine neue Schaffensperiode drängt. Ihre Kreationen sind niemals künstlich, immer kunstvoll anders. „Der Blick ist das Entscheidende“, sagt sie.
Die Tür zur Werkstatt in der fensterreichen unteren Etage steht offen. Auf farbbeklecksten abgenutzten Holzplatten schmiegen sich bunte Farbdosen und Porzellanbehälter mit Sträußen aus Pinseln an weiße und himbeerrote Miniaturkühe aus Gips, daneben liegen kleine Tiergeweihe. An den Wänden lehnen bearbeitete Leinwände, aus der Ecke grüßt eine Skulptur herüber, ein alter Kassettenrekorder nimmt auf seinem Rücken Künstlerwerkzeug auf. Barbara Bollerhoff sammelt Altes und erfindet Neues. Bei schönem Wetter arbeitet sie draußen. Eine Holzplatte und zwei Holzböcke stehen griffbereit innen an der Werkstatttür.
Damit die Künstlerin zum Müssen nicht nach oben muss, hat sie sich im Untergeschoss eine Toilette eingebaut. Nur für Mädels. Goldfarben mit Schwingtüren wie im Wilden Westen!
Barbara Bollerhoff, die seit 25 Jahren Leinwände bemalt, die sie in Ausstellungen in Deutschland, Österreich und Frankreich präsentiert, riesige Bühnenbilder schafft, Plastiken kreiert und eigene Bücher bebildert, hat sich in ihrer jüngsten Schaffensperiode dem Innenleben von Räumen zugewandt. Hier grenzt kein Rahmen ein, hier bewegen sich die gestalterischen Elemente im freien Raum, hier dürfen sich Ausdruckskraft und kreative Energie austoben.
Die sechsfache Mutter, Jahrgang 1965, strotzt vor Energie und schöpft aus einem reichen Pool an Kreativität und Ideen. Spätestens seit acht rote Hasen auf der Wiese am Schönleinsplatz in Bamberg die Menschen zum Schmunzeln und Agieren gebracht haben – eine Gemeinschaftsaktion des Autorinnenduos Ringelhoff und Bollermann – wird in der Domstadt darüber gesprochen, was Kunst sein, wie sie wirken, was sie bewirken kann. Dem geschlossenen Rund von acht roten hockenden Männern des chinesischen Künstlers Wang Shugang – die Bamberger nennen sie „Scheißerla“ – stellte sie mit Petra Ringelmann zur Osterzeit 2017 eine rote Hasenanordnung gegenüber.
In einer Nacht- und Nebelaktion, früh um vier, dunkel gekleidet, abwartend, bis sich das blinkende Blau des plötzlich heran rauschenden Polizeiwagens hinter den Hausreihen verliert, hatten die beiden Künstlerinnen die Plastikhasen aufgestellt. Die erste Reaktion beim Anblick der roten Neulinge kam von einem Radfahrer: eine Vollbremsung – und ein Lächeln. Einer der roten Hasen ging wenige Wochen später mit einer Flugbegleiterin aus Bamberg auf die Reise – nach Peking, zu dem sichtlich amüsierten Wang Shugang.
Die acht Hasen waren von Einheimischen und Touristen immer wieder neu angeordnet worden: in Reihe, ohne Ordnung, küssend, Rücken an Rücken. Die Arrangements drücken die gewünschte Vielfalt aus, wie von den Künstlerinnen gedacht und beabsichtigt. Auch zu Ostern 2018 kehrten die übergroßen roten Mümmelmännchen für ein kurzes Gastspiel auf das Rasenstück in der Stadtmitte Bambergs zurück.
Mit sechs Kindern im Schlepptau, hat sich Barbara Bollerhoff nebenher ihre Künstlerkarriere aufgebaut. Erst wenn die kleinen Kinder im Bett waren und es still im Haus geworden war, hatten sich Kunst und Künstlerin dort ausgebreitet, wo die Familie gerade noch gegessen hatte.
Die Zeiten, wo Leinwand, Farbtuben, Palette und Pinsel hin- und weggeräumt werden müssen, wo Kreativität zwischen Kinder und Küche nachts am Esstisch passieren musste, sind vorbei. Fünf ihrer sechs Kinder sind erwachsen, der Jüngste macht nächstes Jahr Abitur. Heute radelt die drahtige Frau mit der markanten Künstlerbrille von ihrem Wohnhaus zum Arbeiten in ihr wenige hundert Meter entferntes Atelierhaus, greifbar nah die Altenburg, thronend auf dem höchsten der sieben Hügeln Bambergs. Barbara Bollerhoff schmunzelt. „Der Blick ist das Entscheidende!“
Barbara Bollerhoff arbeitet seit vielen Jahren als Künstlerin und ist seit etwa 20 Jahren im fränkischen Bamberg unterwegs um die Weltkulturerbestadt mit ihren vielfältigen Beiträgen zur Kunst in den Straßen und Plätzen oder in ihrem Atelier mal im Bild oder Objekt, mal in einer Installation oder auch mal in einer öffentlichen Kunstaktion zu bereichern. Sie ist dabei frei von Berührungsängsten mit der so genannten großen Kunst und in ihrem künstlerischen Schaffen auch wirklich erfolgreich – ihr Tun hat nämlich Folgen für die Besucher, die in ihre Ausstellungen, in ihr Atelier oder in ihre Workshops kommen. Ob man will oder nicht: man darf ihrem Blick folgen. „Der Blick ist das Entscheidende“, sagt sie selbst und überlässt uns dem immer möglichen Perspektivwechsel, auch auf ihr Werk. Ihre Arbeiten sind so einfach und klar, aber doch so tief und eindrucksvoll, dass sie sichtbare Spuren von Schönheit in Herz und Seele des geneigten Kunstbetrachters hinterlassen können.
Die Künstlerin steckt in der Tat voller Lebensfreude und positiver Energie, Humor und Herzlichkeit sowie Talent und Tatendrang. An allem dürfen wir teilhaben. Und alle die genannten Eigenschaften sind stilbildend und in vielen Werken sofort wahrnehmbar. Von Beginn ihres künstlerischen Weges ist sie frei und unbefangen und kann wohl deshalb den unendlichen Reichtum der wirklichen Welt in ihren Bildern, Bühnenbildern, Objekten und Installationen mal naturalistisch gegenständlich mal halbabstrakt mal vollabstrakt erfassen und eben auch abbilden und damit ihre Weltsicht (mit)teilen. Ihr scheinen an Motivwahl keine Grenzen gesetzt. Sie ist neugierig genug um sich und alles andere an Material, Technik und Sicht- und Herangehensweisen Auszuprobieren. Die Unendlichkeit des „wilden Lebens“ kann sie im kleinsten Format einer Miniatur bis hin zum raumgreifenden Bühnenbild in allen bunten und weniger bunten Farben darstellen und in schönen Serien die Vielfalt eines Themas variieren.
Barbara Bollerhoff ist daher auch voller Überraschungen. Man meinte schon, mit ihrem Atelierhäuschen schaffe sie sich einen ruhigen Rückzugsraum, doch sie wird auch dort zu internationalen Präsentationen, weit weg von daheim, beflügelt. Gleichzeitig stiftet dieses Atelier auch Begegnungen mit uns Kunstinteressierten. Die eigentliche Heimat von Barbara Bollerhoff ist aber vielleicht ein Ort zwischen den Welten. Von dort bringt sie uns immer neue Bilder mit. Und sie bildet Menschen. Angefangen von ihren zahlreichen Kinderbuchillustrationen über öffentliche Workshops bis zur Kunstvermittlung an junge Künstlerpraktikanten. Immer schlägt sie den Weg zum Schönen ein und lädt uns ein, sie dabei zu begleiten. Das ist, so können wir vermuten, vielleicht ihre eigentliche Aufgabe und ihre eigene Form von tief verstandener künstlerischer Spiritualität.
Die Arbeiten von Barbara Bollerhoff bleiben für den Betrachter vielleicht manchmal auf positive Weise unfertig. Unfertig und damit geheimnisvoll. Ihre Werke erlauben uns weiterzuträumen, weiterzuphantasieren, weiterzumalen (wenn wir das nur ebenso gut könnten!). Wir dürfen die Bilder mit der Mohnblumenwiese hinter dem Zaun betreten, manche architektonischen Straßenzüge durchstreifen und unseren Seelenraum mit Sehnsuchtsorten oder -landschaften füllen oder liebenswerten Abbildungen von Menschen und Tieren begegnen. Und wir dürfen uns freuen auf neue Arbeiten, neue Eindrücke und neue Herangehensweisen ans Alltägliche. Wir müssen nicht Experten sein um auch ihre Abstraktionen zu verstehen, nein wir werden mit den Werken von Barbara Bollerhoff eingeladen unsere eigene Weltsicht zu überprüfen und schließlich zu bereichern.
Vielleicht ermöglicht uns Barbara Bollerhoff mit ihren Arbeiten etwas ganz großartiges – nämlich einzutauchen in eine Welt zurück, als wir die Welt mit unverstelltem Blick wahrgenommen haben. Wo wir eins mit der Natur und den Dingen sind und wo wir manchmal von Gregor mit der Taschenlampe (Titel eines der von Barbara Bollerhoff liebevoll illustrierten Kinderbücher) „erleuchtet“ werden und ein jugendliches und erfrischtes Bild unseres eigenen Menschseins zurückgewinnen können.
Aufgeschrieben von: Armin Fischer, Köln, 26.11.2019
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2004 Projekt 50 auf Reisen | Klinikum Bamberg
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1990 – 1998 internationale Kunstausstellung Hollfeld – jährlich
2000 – 2019 Ausstellung Form und Farbe, Giechburg – jährlich